Oberhessische Presse, 16.03.2010
Pfadfinderpädagogik unter der Lupe
Fachtagung in Wolfshausen widmet sich wissenschaftlich bisher kaum beachtetem Bereich
Seit 100 Jahren gibt es das Pfadfindertum in Deutschland. Zum ersten Mal überhaupt widmete sich nun eine Tagung der wissenschaftlichen Erforschung der Pfadfinderpädagogik.
von Stefan Weisbrod
Wolfshausen. Aus dem gesamten Bundesgebiet und sogar aus Luxemburg reisten rund 70 Wissenschaftler und andere Interessierte nach Wolfshausen, wo die dreitägige Tagung am Wochenende stattfand. Auch einige Studierende aus dem Fachbereich Erziehungswissenschaften der Marburger Universität nahmen daran teil.
Ziel der Fachtagung, die gemeinsam durch die Marburger Philipps-Universität, den Pfadfinder-Hilfsfonds (PHF) und den Ring junger Bünde Hessen (RjBH), einem Dachverband der Pfadfinder, organisiert wurde, war es, dazu beizutragen, das historische und erziehungswissenschaftliche Wissen über die Pfadfinderbewegung zu bündeln.
Im Jahr 2008 sei die Idee für eine Fachtagung zum Thema Pfadfinderpädagogik erstmals zwischen dem PHF und seinem Verband diskutiert worden, erklärte Sebastian Läufer, Jugendbildungsreferent beim RjBH gegenüber der OP. Zuvor sei die Thematik wissenschaftlich kaum behandelt worden, auch eine vergleichbare Tagung habe es noch nie gegeben, meinte er: „Es ist also ein absolutes Novum.“ Noch im gleichen Jahr habe es erste Gespräche mit Professor Eckard Conze und anderen Vertretern der Universität gegeben, erklärte Läufer. Anschließend seien Wissenschaftler aus ganz Deutschland angesprochen worden, „viele konnten als Referenten gewonnen werden“.
Die Vorträge waren in zwei Bereiche untergliedert: die Geschichte der Pfadfinderpädagogik im 20. Jahrhundert - von den ersten Ansätzen in der Gründungsphase vor 1914 über pädagogische Konzepte und Methoden der Hitlerjugend bis zu den Veränderungen zwischen 1945 und 1975 - sowie die Pfadfinderpädagogik zu Beginn des 21. Jahrhunderts.
Von der Marburger Universität referierten Historiker Professor Eckard Conze zu „Pfadfindererziehung und gesellschaftlichem Wandel in der Nachkriegszeit“ und Erziehungswissenschaftler Dr. Matthias D. Witte zur „Pfadfinderpädagogik in der Bildungsmisere“. Wittes Kollege Professor Peter Becker befasste sich mit der Pfadfinderpädagogik als „Abenteuerpädagogik“. Die Inhalte aller Vorträge sollen in einem wissenschaftlichen Werk zusammengefasst werden, das im Laufe des Jahres erscheinen soll.
In den Pausen zwischen den Vorträgen hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, sich verschiedene Ausstellungen anzuschauen. Dort präsentierten sich neben dem PHF unter anderem die Pfadfinder-GeschichtsWerkstatt (PGW) und ein Verlag. Um die Bewirtung der Tagungsteilnehmer kümmerten sich die jungen Mitglieder der Pfadfinderschaft „Kreuzritter“.
Voller Tagungsraum: Aus dem gesamten Bundesgebiet sowie aus Luxemburg reisten Teilnehmer an, um in Wolfshausen über Pfadfinderpädagogik zu debattieren.
Foto: Stefan Weisbrod |