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Kolonialismus und Pfadfinden: Ursprünge, Kontinuitäten, Brüche

Fachtagung Pfadfinden 2025

Vom 4. bis 6. April 2025 findet auf der Burg Ludwigstein bei Witzenhausen die siebte Fachtagung Pfadfinden statt. Thema dieser Fachtagung ist die kolonialistische Vergangenheit des Pfadfindens und die Reflexion über deren Fortwirken in der gegenwärtigen Arbeit. Darüber hinaus möchte das Organisationsteam auch Nachwuchswissenschaftler*innen den Raum geben, andere aktuelle Forschungsprojekte zur Pfadfinder*innenbewegung zu präsentieren und zu diskutieren.

Bei der Fachtagung 2021 wird ein Vortrag gehalten
Foto: Silas Bahr, Fachtagung Pfadfinden 2021

Kolonialismus und Pfadfinden: Ursprünge, Kontinuitäten, Brüche

Die Fachtagung Pfadfinden 2025 legt ihren Fokus auf die kolonialistischen Anfänge der Pfadfinder*innenbewegung: Als der britische General Robert Baden-Powell 1907 das erste Pfadfinderzeltlager auf Brownsea Island durchführte, waren seine pädagogischen Überlegungen eindeutig in den Kontext des britischen Kolonialismus seiner Zeit eingebettet. Pfadfinder – zu diesem Zeitpunkt noch exklusiv als männliche Jugendorganisation angelegt – sollten kompetente, verantwortungsbewußte und moralisch gebildete Nachwuchskräfte für das British Empire stellen. Unter dem Eindruck der Katastrophe des Ersten Weltkriegs weitete Baden-Powell die Idee des Scoutings in Richtung eines friedensbewegten Ansatzes aus: Als eine weltweite Bewegung sollten Pfadfinder*innen über internationale Kontakte miteinander vertraut werden – das gegenseitige Verständnis sollte helfen, künftige Kriege zu vermeiden. Das Spannungsfeld zwischen Kolonialismus und dem Ideal der Freundschaft aller Pfadfinder*innen untereinander soll insbesondere mit einer erhöhten Sensibilität dafür kritisch reflektiert werden, wie und in welchem Maße dem Kolonialismus inhärente Phänomene rassistischer Diskriminierung und systeminternen Rassismus im Pfadfinden fortwirken.

Wir laden Sie daher ein, Abstracts für Beiträge zu Verflechtungen der Pfadfinder:innenbewegung mit dem Kolonialismus in ihrer Gründungszeit, zu Traditionen und Kontinuitäten mit kolonialistischem Bezug, zu durch externe Einflüsse herbeigeführte oder bewusst vollzogene Kontinuitätsbrüchen und Abkehren von kolonialistischen Traditionen, zum Umgang mit der kolonialistischen Vergangenheit in den Organisationen der Pfadfinder:innenbewegung in Vergangenheit und Gegenwart, zum heutigen Umgang mit Rassismus und Neokolonialismus in der Pfadfinder:innenbewegung sowie zum Wirken der Pfadfinder:innen in kolonialen und postkolonialen Gesellschaften, vor allem in den ehemaligen deutschen Kolonien. Wir freuen uns über Beiträge, die sich zum Beispiel mit folgenden Themenkomplexen und Fragen befassen:

  • Pfadfinden in den Kolonien: In welchem Verhältnis standen die Organisationen der Pfadfinder*innen in den Kolonien zu den Kolonialmächten? Wer definierten sie ihre Zielgruppen? Wie gestalteten sie ihre erzieherische Praxis und welche Wirkungen entfaltete diese? Inwieweit gab es Verbindungen von Pfadfinder*innen zu Widerstandsbewegungen? In welchem Verhältnis standen lokale Einflüsse und europäisch geprägte Konzeptionen?
  • Pfadfinden während und nach der Dekolonisierung: Welche Rollen nahmen Pfadfinderorganisationen während der Dekolonisierung ein? Wie gestaltete sich das Verhältnis von Pfadfinden als Bewegung der Kolonialmächte zu den postkolonialen Eliten? Veränderten sich im Zuge der Dekolonisierung Zielgruppen und pädagogische Konzeptionen?
  • Europäisches Pfadfinden und Kolonialismus: Welche Bedeutung hatten kolonialistische Bestrebungen im deutschen Pfadfinden im Kaiserreich, in der Weimarer Republik und in der jungen Bundesrepublik? Wie gestalteten sich Beziehungen zwischen europäischen Verbänden und jenen in Kolonien? Inwieweit gab oder gibt es eine Auseinandersetzung mit der kolonialistischen Herkunft der Pfadfinder*innenbewegung? Wie ist der Umgang im deutschen Pfadfinden mit der kolonialistischen Prägung bedeutender Akteure der Pfadfinder*innenbewegung wie Baden-Powell, Alexander Lion oder Maximilian Bayer?
  • Rassismus und Antirassismus im europäischen Pfadfinden: Inwiefern haben sich pädagogische Konzepte mit kolonialistischem Bezug im Pfadfinden erhalten? Gab und gibt es kolonialistische Symboliken in der Lebenswelt des Pfadfindens, zum Beispiel in Ritualen, im Liedgut, in Spielen und anderen Aktivitäten? In welchem Maße ist Rassismus trotz des Ideals einer internationalen Gemeinschaft (oder parallel dazu) im heutigen Pfadfinden verbreitet? Gibt es Konzepte gegen Diskriminierung und Rassismus, wie sollen sie funktionieren und wie wirken sie?
  • Vergleichende Perspektiven anderer Jugendbewegungen: Waren auch andere Jugendorganisationen im 19. und 20. Jahrhundert kolonialistisch geprägt? Wie wirkte sich in diesen Organisationen die Dekolonisierung aus und wie setzte man sich mit der eigenen Vergangenheit auseinander? Wie gingen nicht verbandlich organisierte Jugendkulturen und Jugendbewegungen mit dem Kolonialismus um?
  • Impulse aus anderen Forschungsfeldern: Inwieweit können Dekolonisierungsprozesse in anderen Kontexten ein Vorbild oder Modell für die Verbände der Pfadfinder*innen sein? Wie lässt sich der Umgang mit der kolonialistischen Vergangenheit in der Bewegung der Pfadfinder*innen im Kontext der deutschen Erinnerungskultur verorten?
Eine Teilnehmerin der Fachtagung 2021 beteiligt sich an der Diskussion
Foto: Silas Bahr, Fachtagung Pfadfinden 2021

Über die Fachtagung Pfadfinden

Seit 2010 ermöglicht die Fachtagung Pfadfinden eine wissenschaftlich fundierte Auseinandersetzung mit der Pfadfinder*innenbewegung, insbesondere mit ihren pädagogischen Grundlagen, ihrer Geschichte sowie der Praxis ihrer Verbände und Gruppierungen. Mit einem interdisziplinären Anspruch bietet die Fachtagung Wissenschaftler*innen ein Forum, Forschungsergebnisse zu diesen Themen vorzustellen und sowohl mit einem wissenschaftlichen Fachpublikum als auch mit aktiven Pfadfinder*innen zu diskutieren. Auf Basis der Konferenzbeiträge sind bisher sechs Sammelbände publiziert worden.

Für die Fachtagung Pfadfinden 2025 sind Beiträge in Form von Vorträgen (30 Minuten) mit anschließender Diskussion erwünscht. Wir rufen insbesondere Geschichts-, Politik- und Erziehungswissenschaftler*innen auf, sich mit einem Abstract zu bewerben. Das Abstract sollte einen Umfang von 300 Wörtern nicht überschreiten. Bitte reichen Sie Ihr Abstract bis zum 30. September 2024 unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. ein.

Kontakt

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Dr. Dirk Kuhlmann (Sinologie und Geschichtswissenschaft, Lektor, Institut Monumenta Serica)

Christina Hunger, M.A. mult. (Geschichtswissenschaft und Politikwissenschaft, Erwachsenenbildung, Systemische Coach, Berlin)

Max Zeterberg, M.A. (Geschichts- und Erziehungswissenschaft, Doktorand Universität Kassel, wissenschaftlicher Mitarbeiter Allgemeine und Historische Erziehungswissenschaft Georg-August-Universität Göttingen)

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